UN-BEGRENZT


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2015

ca. 300 ausgeblasene Hühnereier an Nylonfäden

33,3cm x 33,3cm Bodenfläche aus fluoreszierendem Acrylglas

 

Die 2015 entstandene Arbeit UN-BEGRENZT befasst sich mit der Eierproduktion in Deutschland. 300 Eier hängen hier in einer großen Traube über dem Boden und veranschaulichen, wie viele Eier pro Jahr eine Henne heutzutage etwa legt.

Würden Hühner normalerweise – bedingt durch die Brutphasen – 50 bis 60 Eier im Jahr legen, müssen sie in der Massentierhaltung fast die sechsfache Menge produzieren. Der durchschnittliche Konsum pro Kopf beträgt in Deutschland mittlerweile etwa 230 Eier pro Jahr (ermittelter Wert von 2014), wobei er kontinuierlich weiter zu steigen scheint.

Wie sich unschwer vermuten lässt, ist auch die Lebenserwartung von Legehennen damit rapide gesunken: während sie früher etwa 20 Jahre alt werden konnten, steht ihnen in der Massentierhaltung nach spätestens eineinhalb Jahren die Schlachtung bevor, da sie dann nicht mehr die gewünschte Produktivität an den Tag legen.

Für UN-BEGRENZT sammelte Ruth Bergmann ausgeblasene Eierschalen, um sie anschließend – als sichtbare Überreste des Eierkonsums – mit transparenten Perlonfäden zusammen zu binden und in einer traubenförmigen Anordnung an der Decke des Ausstellungsraumes anzubringen. Unter dieser hängenden Konstruktion befindet sich ein mit Kreide umrahmter Bereich, der 1111 cm2 (etwas weniger als ein A3-Papierbogen mit 1250 cm2) umfasst – der Platz, den eine Legehenne in der Massentierhaltung seit der Abschaffung der Käfighaltung zur Verfügung hat.

Die reduzierte Gestaltung der scheinbar schwebenden Eiertraube über der geometrisch eingerahmten Fläche am Boden lässt wieder die minimalistische Ästhetik der Künstlerin erkennen. Die Arbeit ist nicht dazu konzipiert, die betrachtende Person durch ihre Gestaltung zu schockieren, sondern vielmehr dazu, durch die Verbildlichung oder Vergegenständlichung abstrakter Zahlen ein konkretes Verständnis hervorzurufen. Ein Verständnis für die Menge der Eier, die ein Huhn pro Jahr legt und für den Raum, den es dabei zur Verfügung hat. Und vielleicht auch ein Verständnis dafür, was wir in welchen Mengen konsumieren und was sich hinter diesem Konsum- verhalten verbirgt.

Der Titel der Arbeit deutet darauf hin, was der oder die aufmerksame Rezipient_in möglicherweise schon vermutet: der Gegensatz zwischen der unbegrenzten Optimierung von Produktion, sowie der Steigerung des Konsums und des begrenzten Lebensraumes des produzierenden tierlichen Individuums. Um möglichst effizient sein und die steigende Nachfrage decken zu können, müssen die Eierproduktionsbetriebe Einsparungen vornehmen – zu Lasten der involvierten Tiere. Die Legehennen werden auf kleinstem Raum gehalten, mit dem einzigen Lebensinhalt, als Teil einer Produktionskette zu funktionieren.

Text: Laura Kubitzek